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ViEW

Unser Newsletter für institutionelle Investoren

"Die Halbleitertechnologie ist in unserer vernetzten Welt omnipräsent geworden."

Die erwarteten Zinssenkungen der Notenbanken bewegen nicht nur die Kapitalmärkte, sondern inspirieren auch die Autoren dieser Ausgabe.

Wir beschäftigen uns mit den Markterwartungen, gehen auf interessant strukturierte Fixed Income-Instrumente ein und diskutieren längerfristige Angebots- und Nachfrageeffekte am Rentenmarkt. Angesichts der jüngsten Turbulenzen um US-Immobilienkredite werfen wir darüber hinaus einen Blick auf den New Yorker Büromarkt. Unsere Einblicke in spannende Branchen setzen wir mit einer Analyse der Halbleiterindustrie fort.

Ich wünsche Ihnen wieder spannende „ViEWs“!
Ihr Frank Becker

Breitband-Verfügbarkeit: Wo steht Deutschland?

Um den Anforderungen der fortschreitenden Digitalisierung auch in Zukunft gerecht zu werden, ist eine schnelle und stabile Internetverbindung Grundvoraussetzung. Die Hoffnung liegt schon seit einiger Zeit auf Glasfaser. Aber wie viele Deutsche können denn eigentlich heute schon 1 Gigabit/Sekunde bestellen?

 

Gigabit-Anschlüsse nach Bundesländern
im Jahr 2023 in Prozent

Quelle: Statistisches Bundesamt, Breitbandatlas

Notenbanken vor der Kurswende: Nicht ob, sondern wann und wie stark

Das Jahr 2022 sah den Beginn eines beispiellosen Erhöhungszyklus der Zentralbanken in den westlichen Industrieländern, der in der zweiten Jahreshälfte 2023 zu einem Abschluss kam. Er gehört nicht zu den zeitlich längsten Zyklen, allerdings erhöhten die FED und die EZB die Zinsen in einem Ausmaß und einer Dynamik, welche stärker waren als alle seit 1990, und damit nur mit denen aus den 70er und 80er Jahren vergleichbar sind. Damit wurde auch die seit 2011 andauernde extreme Niedrigzinsphase in den westlichen Ökonomien ad acta gelegt. Nur Japan blieb es vorbehalten, als einziges großes Industrieland weiterhin eine Negativzinspolitik zu fahren, die allerdings aus unserer Sicht auch 2024 ihren Abschluss finden wird.

Wir haben die dynamischste Straffung der US-Notenbankpolitik seit den 80er Jahren gesehen*

* Veränderung des US-Leitzins in Prozentpunkten
Quelle: MEAG Research, LSEG Datastream

 

Die positive Performance von vielen Assetklassen im Jahr 2023 wurde erst dann abgesichert, als im vierten Quartal 2023 die Vermutung an den Märkten zur Gewissheit wurde, dass der Zinsanhebungszyklus abgeschlossen ist und die Notenbanken Zinssenkungen für 2024 in Aussicht gestellt haben. Seitdem dreht sich die Frage nicht mehr darum, ob FED, EZB und andere 2024 senken werden, sondern nur darum, wann sie starten und wie schnell die Senkungen stattfinden werden. Dies ist isoliert gesehen positiv für die Kapitalmärkte. Steigende Notenbankzinsen erhöhen den sicheren Anlagezins, der als Rückzugsort funktioniert und setzen damit eine höhere Benchmark für risikoreichere Assetklassen. Die Erwartung, dass sich dieser Trend umdreht, hilft dann umgekehrt natürlich auch diesen Anlageklassen.

Notenbankpolitik ist traditionell immer von zwei Zielen getrieben: Zum einen Preisstabilität, zum anderen, unter der Voraussetzung, dass diese erreicht ist, Unterstützung eines nachhaltigen Wachstumspfades und damit einhergehend möglichst geringe Arbeitslosigkeit. Die genaue Ausgestaltung dieser Ziele und die Definition der Aggregate, die als Messgrößen genommen werden, variiert von Zentralbank zu Zentralbank, der Grundtenor ist jedoch derselbe.

Bei der Inflation befinden wir uns auf gutem Wege nach unten und die Notenbanken hatten immer klar gemacht, dass es nach einem so fulminanten Zinsanstieg nicht notwendig ist, die Jahres-rate von 2 Prozent gegenüber Vorjahr zu unterschreiten, bevor es zur ersten Zinssenkung kommt. Schließlich hatten Notenbanken die Zinsen über einen als Gleichgewichtszins gesehenen Satz erhöht, um die aus den Fugen geratene Inflation in den Griff zu bekommen. Dennoch sollte die Dynamik des Zinssenkungszyklus nicht überschätzt werden, denn die Stabilitätsziele der EZB und FED dürften wir im Jahresdurchschnitt 2024 noch nicht erreichen oder unterschreiten.

2024: Das Jahr des Beginns eines Zinssenkungszyklus von FED und EZB.

Dr. Jürgen Callies, Head of Research

Die Erwartung einer Zinswende im Jahr 2024 haben wir von Anfang an geteilt. Zu Beginn des Jahres allerdings übertrieben es die Märkte ein wenig, bei der FED und der EZB wurden implizit sechs Zinssenkungen (mit jeweils 25 Basispunkten) und mehr für das Jahr 2024 eingepreist. Inzwischen haben sich auch die Markterwartungen in Richtung unserer Einschätzung bewegt, das sind drei Zinssenkungen der FED und vier der EZB, beide mit Beginn um die Jahresmitte herum.

Zinssenkungen sind für die Breite der Risky Assets umso besser, je weniger sie von einer Wirtschaftsschwäche und je mehr sie vom Erfolg in der Inflationsbekämpfung getrieben werden. Hier haben die USA einen Vorsprung vor Europa. Auch wenn das deutlich schwächere Wachstumsbild dafür spricht, dass die EZB tendenziell die Nase vorne hat, als erste der beiden Notenbanken zu senken, spricht dies allerdings nicht unbedingt für eine relative Stärke europäischer versus US Assets. Und vor Euphorie sollte die stark inverse Zinsstruktur bewahren.

Notenbanken beeinflussen in erster Linie die Zinsen am kurzen Ende der Renditestrukturkurve, also eher im Bereich ein bis drei Jahre. Die sehr stark inverse Zinsstruktur, die sich Mitte 2023 auch noch verstärkt hatte, macht für den rationalen Investor nur dann Sinn, wenn er im Zeitverlauf einen Zinssenkungszyklus erwartet. Die Überzeugung einer Zinswende ist damit in den Märkten bereits eskomptiert, und je weniger schnell Notenbanken senken, desto höher ist das Risiko für Enttäuschungen und folgend höhere Zinsen am langen Ende. Von daher nochmals: In Summe positiv, aber nicht schnell und stark genug, um darauf aufsetzend euphorisch zu werden.

US Commercial Real Estate – Impressionen aus New York

Die Auswirkungen des Abschwungs an den Immobilienmärkten haben längst auch den Finanzierungsbereich erfasst und hierzulande Fragezeichen hinsichtlich der Werthaltigkeit entsprechender Darlehen, insbesondere in den USA, ausgelöst. Wie in Europa, so weist aber auch der US-Immobilienmarkt viele Facetten auf. Geboten erscheint eine differenzierte Betrachtung von Objekten und Standorten. Die MEAG ist mit einem Real Estate Asset Management Team in New York vertreten. Auch wenn diese Region nicht repräsentativ für andere Metropolen sein muss, lassen sich dort die wesentlichen Trends ablesen.

New Yorks Büromarkt musste sich in den letzten Jahren erheblichen Herausforderungen und Veränderungen stellen. Gründe hierfür waren die Auswirkungen der Covid-Pandemie, eine neue Arbeitswelt mit Mobile Working und die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung in den USA. Der Immobilienmarkt zeigt sich heute tief gespalten und der Leerstand ist ungleich verteilt. Während die Spitzenobjekte florieren, entfallen über 80 Prozent aller Leerstände in New York City auf das untere Drittel des Marktes.

Top-Objekte bleiben hingegen gesucht. Im Jahr 2023 wurden über 190 Vermietungen zu mehr als 100 US-Dollar für den Square Foot (SF) unterzeichnet, dies entspricht circa einem Drittel des Gesamtmarktes in Manhattan. Dies spiegelt die Attraktivität erstklassiger Büroimmobilien sowie den Trend „Flight to Quality“ wider und führt letztendlich zu einer reduzierten Leerstandsrate in Trophy-Objekten. Jetzt, da die besten Flächen vergeben sind und die Entwicklungspipeline dünn ist, beginnt die Renaissance von hochwertigen Class-A-Gebäuden, die darüber hinaus von einer stagnierenden Projektpipeline profitieren. In den letzten fünf Jahren sind zwar über 40 Mio. SF neue Büroflächen in New York entstanden, jedoch reduziert sich aktuell das Tempo. Steigende Baukosten und höhere Zinsen erschweren Projektentwicklern, ähnlich wie in Deutschland, den Neubau bzw. die Revitalisierung von Bestandsimmobilien.

Gesucht werden Objekte in zentralen und gut angebundenen Lagen mit hochwertiger und attraktiver Ausstattung. Über zwei Drittel der erfolgten Vermietungen im Jahr 2023 fanden in Objekten mit mindestens einer wichtigen Zusatzeinrichtung („Amenity“) statt. Beispiel hierfür ist 320 Park Avenue, ein von der MEAG verwaltetes Gebäude in New York City, welches eine Renovierung über 65 Millionen US-Dollar erhielt, unter anderem mit neuer Lobby, hochwertigem Barista-Stand, Fitness Center, Konferenzzentrum und einer umlaufenden Terrasse für alle Nutzer als Highlight. Die Repositionierung machte das Gebäude zu einer der attraktivsten Immobilien auf dem Vermietungsmarkt.

Werden die hohen Anforderungen an Lage und Ausstattung eines Objekts aber nicht erfüllt, steigt das Risiko hoher Leerstandsquoten und deutlicher Bewertungsabschläge. Dies schafft eine Kategorie an gestrandeten Assets, für die es eine Herausforderung sein wird, einen tragfähigen Geschäftsplan zu entwickeln. Die Immobilienkrise spielt sich also primär in diesem Segment ab.

Ein Espresso mit …

Nicolai Schmid, Director Institutional Sales, im Gespräch mit Joachim Jost, Portfolio Manager Fixed Income

NS: Ihr seid für die Renten-Direktanlagen unserer Kunden verantwortlich. Bieten die Kapitalmärkte nach dem Zinsanstieg weiter gute Chancen?
JJ: Ja, wir können zu sehr attraktiven Renditen in Anleihen mit hoher Kreditqualität investieren. Neben der Sicherheit steht bei uns die Höhe der Verzinsung im Vordergrund, um die Verpflichtungen unserer Kunden erfüllen zu können.

NS: Sinkende Zinsen wirken positiv auf die Bestände, machen aber den Einkauf attraktiver Papiere schwerer, oder?
JJ: Genauso ist es! Auch wenn die Inflation etwas langsamer zurückgeht als erhofft, gehen wir davon aus, dass die Zentralbanken in diesem Jahr erste Zinssenkungen durchführen und sich Bestandspositionen positiv entwickeln werden. Ungeachtet dessen sehen wir aber weiterhin zahlreiche interessante Investmentmöglichkeiten, unter anderem auch durch unseren guten Zugang zu Emittenten aus der zweiten und dritten Reihe, die nicht regelmäßig am Kapitalmarkt aktiv sind.

NS: Was findet ihr derzeit spannend?
JJ: Am kürzeren Ende gefallen uns Covered Bonds aufgrund ihres Risiko-Rendite-Profils. Dies umfasst nicht nur den klassischen deutschen Pfandbrief, sondern auch Papiere aus anderen Ländern, zum Beispiel Kanada und Südkorea, die einen ansprechenden Mehrertrag bieten. Aber auch Anleihen mit Kündigungsrechten erachten wir als spannendes Investment.

NS: Das klingt interessant, warum findet ihr ausgerechnet diese Papiere attraktiv?
JJ: Die grundsätzliche Idee ist, anstelle von kurzlaufenden Anleihen strukturierte Wertpapiere mit einer längeren Laufzeit, zum Beispiel zehn Jahren, zu erwerben, bei denen der Emittent ein Kündigungsrecht nach einem Jahr hat. Der Vorteil hierbei ist, dass im Vergleich zu Plain Vanilla-Anleihen eine attraktive Mehrrendite erzielt werden kann, in manchen Fällen aktuell über 4 Prozent, ohne dabei Abstriche bei der Kreditqualität machen zu müssen.

NS: Ihr könnt also von hohen Zinsen profitieren, weil diese Bonds auch in den langfristigen Portfolioanteil passen?
JJ: Wir gehen aktuell davon aus, dass die Papiere aufgrund von fallenden Zinsen gekündigt werden; daher sind sie auch als Ersatz für kurzlaufende Titel gedacht. Sollte der Emittent aufgrund von steigenden Zinsen nicht kündigen, wäre die Rendite aber auch für die verbleibende Restlaufzeit, die dann unter zehn Jahren liegen würde, aus heutiger Sicht äußerst attraktiv. Aber auch andere Themen finden wir interessant, zum Beispiel Anleihen mit strukturierten Kupons, wie CMS-Steepener, und hoch bonitäre Instrumente mit attraktiver Illiquiditätsprämie.

Ein Blick auf die Halbleiterindustrie: Strukturelles Wachstum & geopolitische Relevanz

Dass IT-Werte am Aktienmarkt in den letzten zwanzig Jahren mit mehr als 12 Prozent p. a. die höchste Rendite aller Sektoren aufweisen konnten, wird viele nicht überraschen. In der jüngeren Vergangenheit sticht hier insbesondere das Halbleiter-Segment heraus, das in den letzten zehn Jahren mit mehr als 25 Prozent p. a. die knapp 19 Prozent des gesamten IT-Sektors nochmals deutlich übertraf. Nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, wie omnipräsent die Halbleitertechnologie, als Herzstück der digitalen Wirtschaft, in unserer vernetzten Welt geworden ist.

Ihr Einsatz reicht von Smartphones, PCs und Rechenzentren über unsere moderne Kommunikationsinfrastruktur bis hin zu Autos und anderen intelligenten Geräten, zum Beispiel in der Industrie. Der Sektor umfasst dabei die gesamte Wertschöpfungskette, beginnend bei den Maschinenherstellern für die Halbleiterfertigung, ein Markt, der für sich allein circa 100 Milliarden US-Dollar Umsatz aufweist. ASML ist der wohl bekannteste Akteur in diesem Markt und das drittgrößte Unternehmen Europas, gemessen am Börsenwert.

Fabian Bachl

Fabian Bachl

Portfolio Manager Globale Aktien

Es gibt wohl kaum einen Sektor mit einem höheren strukturellen Wachstum als den Halbleitermarkt.

Bei den Chip-Entwicklern gibt es zwei unterschiedliche Geschäftsmodelle: Reine Chip-Designer – auch Fabless genannt – wie Nvidia oder AMD, die ihre Produkte extern fertigen lassen, und integrierte Chipfirmen, die „in House“ produzieren, wie Intel. In der Aufzählung nicht fehlen dürfen die US-Tech-Riesen wie Apple, Alphabet und Amazon, die Chips für ihre Produkte beziehungsweise Rechenzentren selbst entwickeln. In den letzten Jahren hat sich das Fabless-Model als das erfolgreichere erwiesen, ermöglicht durch die weltweit führende Fertigungsexpertise von TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company), dem größten Chip-Hersteller der Welt.

Es gibt wohl kaum einen Sektor, der ein höheres strukturelles Wachstum vorweisen kann, als der Halbleitermarkt. Der globale Umsatz stieg von weniger als 150 Milliarden US-Dollar im Jahr 2000 auf über 500 Milliarden US-Dollar 2023. Jede Dekade schuf dabei ihre eigene Wachstumsstory. In den 2000ern waren es PCs und Unterhaltungselektronik, die 2010er waren geprägt vom Boom bei Chips für Smartphones und das Cloud-Computing. Während die genannten Trends weiterhin bestehen bleiben, dominiert das Thema „Künstliche Intelligenz“ das laufende Jahrzehnt. AMD geht davon aus, dass allein der Markt von für KI zugeschnittenen Prozessoren im Jahr 2027 400 Milliarden US-Dollar groß sein wird.

Neben strukturellem Wachstum weist der Sektor weitere Merkmale auf, die von Investoren geschätzt werden. Die Komplexität der Technologie und der Fertigungsprozesse – auf dem leistungsfähigsten Nvidia Chip befinden sich unfassbare 98 Millionen Schaltkreise pro Quadratmillimeter – stellen hohe Eintrittsbarrieren für Wettbewerber dar. Die gesamte Wertschöpfungskette ist dementsprechend konzentriert und es bestehen oligopolistische, wenn nicht monopolistische Strukturen. Das niederländische Unternehmen ASML ist der einzige Anbieter von Lithographie-Systemen für die Produktion von Hochleistungschips (Leading Edge) und TSMC hat einen dominanten Marktanteil bei deren Fertigung.

Die Innovationskraft, das starke organische Wachstum und die Marktstruktur spiegeln sich bei vielen Unternehmen dieser Branche in sehr hohen Margen und Kapitalrenditen wider. Aber natürlich weist das Segment auch typische Risken auf.

Zum einen sind die Absatzmärkte sehr zyklisch. Während momentan ein geradezu unheimlicher Boom bei der Nachfrage nach KI-Komponenten zu verzeichnen ist, ist der Markt für Smartphone-Chips eher am zyklischen Boden. Ähnlich verhalten sich auch die Kurse von Halbleiteraktien. Zwar war das Segment der beste Subsektor in den letzten fünf, zehn und fünfzehn Jahren, zwischendurch aber auch durch lange Durststrecken und hohe Volatilität geprägt, die den Aktionären viel Geduld abverlangt haben. So musste man, wenn man im Jahr 2004 Titel erworben hatte, circa zehn Jahre warten, um die Verlustzone wieder zu verlassen.

Das zweite große Risiko ist geopolitischer Natur. Der Großteil der Hochleistungschips wird heute in Taiwan produziert. Die Verwerfungen während der Corona-Pandemie haben vor Augen geführt, wie fragil globale Lieferketten sind und die hohe Abhängigkeit von Produktionsorten wie Taiwan, einem globalen Hub für die Halbleiterfertigung, verdeutlicht. Als Konsequenz investieren die großen Volkswirtschaften und deren Regierungen enorme Summen, um die Produktion wieder lokal anzusiedeln. Der komparative Kostenvorteil Taiwans, dessen Volkswirtschaft stark auf die Halbleiterindustrie spezialisiert ist, soll durch Subventionen ausgeglichen werden. Diese sind unter anderem Ausdruck der Risikoeinschätzung des Konflikts zwischen China und Taiwan und spiegeln sich auch in Kursabschlägen dort ansässiger Unternehmen wider.

Fazit

Halbleiter sind die Grundlage für unsere digitale Infrastruktur und machen neue Technologien wie die Künstliche Intelligenz erst möglich. Wer die Volatilität des Sektors und das geopolitische Risiko aushielt, wurde in der Vergangenheit mit hohen Renditen belohnt. Die Voraussetzungen, diese Erfolgsstory auch künftig fortzusetzen, sind weiterhin gegeben.

Angebots- und Nachfrageeffekte am Rentenmarkt

Die Kombination aus Angebot und Nachfrage ergibt den Preis – dieses Motto gilt auch für den Zinsmarkt. Wie es aktuell darum bestellt ist und welche zukünftige Entwicklung erwartet werden darf, diskutieren Jakob Reithmann, Senior Portfolio Manager im Bereich Active Fixed Income Macro, und Hartwig Rosipal, Head of Client Relationship Management/Client Service.

HR: Die europäischen Zinsmärkte sind eher schwach ins neue Jahr gestartet. Wie ist es dazu gekommen?

JR: Dafür gibt es mehrere Gründe. Wir haben im vierten Quartal 2023 einen ungewöhnlich festen Rentenmarkt erlebt, der von sehr optimistischen Erwartungen bezüglich der Inflationsdaten und der Geschwindigkeit, mit der die Notenbanken die Zinsen senken werden, beflügelt wurde. Insofern verzeichnen wir jetzt eine Korrektur dieser Bewegung, die durch die überraschend starken volkswirtschaftlichen Zahlen aus den USA noch einmal verstärkt wurde. Auch die jüngst eher dämpfenden Kommentierungen der Notenbanken hinsichtlich der Anzahl der für dieses Jahr angedachten Zinssenkungen haben dazu beigetragen. Natürlich belasten den Markt auch eher saisonale Faktoren, wie das am Jahresbeginn typische hohe Angebot an Neuemissionen.

Jakob Reithmann

Jakob Reithmann

Senior Portfolio Manager Active Fixed Income Macro

Die Angebots-Nachfrage-Dynamik sollte sich in Zukunft positiv entwickeln.

HR: Auch die EZB-Politik des Quantitative Tightenings wird diesen Angebotsdruck in den nächsten Jahren tendenziell verstärken, oder?

JR: Das stimmt, dennoch wird sich die Dynamik im Vergleich zum Jahr 2023 abschwächen. Denn auf der einen Seite sollten der jüngst verabschiedete Fiskalpakt der EU sowie die deutlich gestiegene Bereitschaft der europäischen Länder, mehr gemeinsame Schulden, wie zum Beispiel für Verteidigungsausgaben, über die EIB oder EU zu begeben, für weniger Angebot an europäischen Staatsanleihen sorgen. Darüber hinaus ist die Nachfrage nach hochqualitativen festverzinslichen Wertpapieren gestiegen. In Summe sollten diese Faktoren den erwarteten Angebotsdruck verringern.

HR: Auf die Emissionstätigkeit welcher Länder wirkt sich die Verabschiedung des Fiskalpakts vor allem aus?

JR: Dies sind primär die größeren EWR-Länder, die über ein Primärdefizit von über 3 Prozent verfügen, das heißt insbesondere Italien, Frankreich und Belgien. Aufgrund der denkbaren Verknüpfung der EU-Fiskalregeln mit dem EZB-Kaufprogramm (TPI) haben diese Länder prinzipiell einen Anreiz die neuen Regeln einzuhalten. Angenommen die vereinbarte Beschränkung auf ein Primärdefizit von 3 Prozent wäre ausnahmslos bindend, müssten diese Länder ihre Neuemissionstätigkeit um ca. 1,5 bis 2 Prozent reduzieren.

Hartwig Rosipal

Hartwig Rosipal

Head of Client Relationship Management

Auf dem höheren Zinsniveau sehen wir einen starken Fokus der Anleger auf Qualitätstitel.

HR: Und welche Investoren sind verantwortlich für die gestiegene Nachfrage?

JR: Prinzipiell sehen wir hier insbesondere strategische Investoren wie Pensionsfonds, Versicherungen und Banken, aber auch Multi Asset-Fonds und Privatanleger im Fokus. So haben sich gerade europäische Haushalte dazu entschieden, ihre Pandemie-Ersparnisse im Gegensatz zu ihren US-amerikanischen Pendants – auch aufgrund der erhöhten volkswirtschaftlichen Unsicherheit – eben nicht auszugeben, sondern zu sparen. Dies machen sich aktuell vor allem Portugal, Belgien und Italien zunutze, die auf absehbare Zeit einen signifikanten Teil ihrer Neuverschuldung durch speziell auf Privatanleger ausgelegte Anleihen abdecken können.

Darüber hinaus verfügen Banken weiterhin über sehr viel Überschussliquidität, die zurzeit größtenteils als Einlagen bei der EZB liegen. Sollten sich die Zinskurven im Zuge einer sich normalisierenden Geldpolitik versteilern, gehen wir davon aus, dass diese knapp 3,5 Billionen Euro sukzessive in längerfristige Papiere investiert werden, um die hohen Zinsen für einen längeren Zeitraum „einzuloggen“. Dieser Zusammenhang trifft in ähnlicher Form auch für institutionelle Anleger wie Pensionseinrichtungen oder Versicherungen zu, die ihre Verpflichtungen aufgrund des gestiegenen Zinsniveaus mit weniger riskanten Anlagen bedecken können. Alles in allem rechnen wir also damit, dass sich die Angebots-Nachfrage-Dynamik als einer der wesentlichen Treiber in Zukunft positiver entwickeln sollte.

HR: Wenn wir auf dem höheren Zinsniveau einen starken Fokus der Anleger auf Qualitätstitel sehen, wie passen dann die aktuellen Spread-Entwicklungen ins Bild?

JR: Bei den Spreads offenbart sich uns aktuell ein heterogenes Bild. So sind die Risikoaufschläge von europäischen Corporate Bonds seit den Höchstständen Mitte 2022 um über 50 Basispunkte gefallen, während sich die Spreads von Covered Bonds sowie Staatsanleihen um 30 bzw. 25 Basispunkte ausgeweitet haben. Dies ist auf der einen Seite mit der jüngst besser als erwarteten ökonomischen Entwicklung zu begründen, von der primär Unternehmen profitiert haben.

Aus unserer Perspektive war jedoch der relative Angebotsdruck ein ebenso wichtiger Treiber für die entgegengesetzte Spread-Entwicklung: Da sich die Unternehmen während der Corona-Krise langfristig zu niedrigen Sätzen finanziert haben und weiterhin stabile Gewinne erwirtschaften, sind sie nicht gezwungen, frisches Kapital zu den aktuell höheren Zinsen aufzunehmen. Da jedoch gleichzeitig die Nachfrage nach Unternehmensanleihen aufgrund der hohen Zinsen stark gestiegen ist, konnten sich die Spreads trotz unsicherer Ertragsaussichten deutlich einengen.

 Auf der anderen Seite hatten die Covered Bond- bzw. Staatsanleihen-Märkte signifikant größere Volumina an Neuemissionen zu verarbeiten. Diese sind zu einem guten Teil mit den starken Unterstützungsmaßnahmen im Zuge der Corona- und Ukraine-Krise zu erklären. Und auch bei Covered Bonds spielen verzögerte Pandemie-Effekte eine große Rolle. Angesichts der erwarteten Abschwächung der relativen Angebots- und Nachfragedynamik erscheinen Pfandbriefe gegenüber den riskanteren Corporate Bonds aktuell attraktiv bewertet. Daran sollten aufgrund der hohen Übersicherung auch die aktuellen Preisrückgänge bei Immobilien wenig ändern.

Unser Börsen-Podcast Kapitalmarkt kompakt mit unseren erfahrenen Kapitalmarktexperten Dr. Jürgen Callies und Alexander Hauser:
 

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Ausgabe 10Wandel zu finanzieren erfordert Erfahrung, Augenmaß und umfangreiches technisches Know-how.

Ausgabe 9Fragmentierung – Zukunftstrend mit hoher Relevanz für die Kapitalanlage.

Ausgabe 8Eine kluge Kombination aus Analyse, Prävention und Wachsamkeit sollte einen guten Schutz gegen Cyberangriffe bieten.

Ausgabe 7Für Anleger werden sich Opportunitäten ergeben, interessante Renditen mit gesellschaftlichem Nutzen zu verbinden.

Ausgabe 6Nach einem Beben wie 2022 kann man an den Kapitalmärkten nicht zur (alten) Tagesordnung übergehen.

Ausgabe 5Ist eine Verschärfung der Geldpolitik bereits abgeschlossen?

Ausgabe 4Es bleibt ungemütlich. Die Verwerfungen an den Energiemärkten halten uns in Atem. Und kommen mitten in der Gesellschaft an.

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Ausgabe 2Steigende Zinsen und geopolitische Verwerfungen: Die Kapitalmärkte fest im Griff

Ausgabe 1Hochzinsanleihen, Auswirkungen Ukraine-Konflikt, Assetklasse Forst, Risikomanagement & Wertpapierhandel



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